Tage wie dieser
Den folgenden Beitrag habe ich bereits am 07.07.2020 nach meinem Arztbesuch geschrieben. Die Maskenpflicht sind wir immer noch nicht los, ganz im Gegenteil, sie droht ständig ausgeweitet zu werden. Grund genug für mich den Beitrag auch hier zu veröffentlichen, um den häufig unsachlichen Umgang mit etwaigen Argumenten zu zeigen.
Seit unsere Regierung so gnädig war dem Einzelhandel zu gestatten, die Türen wieder zu öffnen, stemmt er sich tapfer gegen die drohenden Insolvenzen. Einige können das sicher schaffen, aber so manch einer wird unter die Räder der Gesetzesmühlen geraten. Der Anfang ist längst gemacht und die Vorzeichen haben sich nicht wesentlich geändert.
Prekäre Arbeitsverhältnisse bleiben prekär oder verschlechtern sich weiter. Die steigende Zahl von Erwerbslosen und ALG-II-Empfängern wird den Druck zusätzlich erhöhen, erhält der Arbeitsmarkt doch so einen schier unerschöpflichen Pool an billigen Arbeitskräften. Jeder der noch einen Job hat, soll sich gefälligst glücklich schätzen nicht dem Virus, auf die eine oder andere Weise, zum Opfer gefallen sein. Nein, es sind nicht nur Gastronomie und Hotelbranche oder der Einzelhandel, denen zunehmend die Luft ausgeht und die Presse mag uns suggerieren, unser Land, ja die ganze Welt befinde sich weiter im Würgegriff von SARS-COV-2, gleichwohl die Zahlen eine andere Sprache sprechen, die dem Vergleich mit einer echten Pandemie kaum standhält. Tatsächlich sind wohl viele Wirtschaftszweige betroffen, auch von der Insolvenzwelle, die dann über uns hereinbricht, wenn diese auch wieder angezeigt werden müssen.
Warum erwähne ich also den Einzelhandel gesondert? Ein Grund ist sicherlich, dass ich selbst dort beschäftigt bin. Hinzu kommt die kürzliche Diskussion, nach der einige wenige Politiker so forsch waren ein Problem beim Namen zu nennen, ein Problem mit dem der Einzelhandel zu kämpfen hat, dessen Auswirkungen sich auch direkt an den Umsätzen bemerkbar machen. Dieses Problem ist die Maskenpflicht. So wollte der ein oder andere im seinem jeweiligen Landesparlament eine Aufhebung dieser Maskenpflicht debattiert wissen. Allerdings durften wir nur kurz darauf erleben, wie sich ein Shitstorm, nicht nur aus den Reihen der Politik, sondern auch der Paranoiker, über jene diskussionsfreudigen Parlamentarier ergoss. Wo käme man auch hin, wenn man konstruktiven Diskurs erlauben würde. Am Ende käme noch jemand auf die Idee unsere Demokratie sei noch intakt, während andernorts schon der Abgesang auf demokratische Prinzipien und Grundrechte angestimmt wurde. Ein gutes Beispiel hierfür finden wir im mecklenburgischen Verfassungsgericht. Jedenfalls ist die Abschaffung der Maskenpflicht nun wohl erst einmal vom Tisch, im „Keim“ erstickt sozusagen.
Seit ich also selbst wieder arbeiten darf, bin ich aufgrund der entsprechenden Verordnung genötigt, einen Mundnasenschutz (MNS) bei der Arbeit zu tragen. Die Kopfschmerzen haben sich relativ früh manifestiert, doch ist das nichts Besonderes. Vermutlich kennen viele Menschen, die im Winter den ganzen Tag, bei trockener Heizungsluft, im Büro verbringen, ähnliche Symptome. Das ich gelegentlich Sternchen sehe, geschenkt. Ernster hingegen ist es, sobald mir schwindelig wird. Zunächst hatte ich solche Symptome eher selten, doch nach gut zwei Monaten, kann ich damit nun fast täglich aufwarten, kein gutes Gefühl. Das Resultat ist ein Termin bei meiner örtlichen Hausarztpraxis, den ich letzte Woche vereinbart habe.
Nachdem ich fast eine Woche auf diesen Termin warten musste (vom Mittwoch bis zum darauffolgenden Dienstag), sitze ich also um fünf vor elf heute im Wartezimmer und versuche meine Gedanken zu sortieren, um mein Anliegen möglichst strukturiert vorzutragen. Absichtlich bin ich nicht zu früh gegangen. So wollte ich der langen Wartezeit entgehen. Fünf Minuten und eventuell weitere fünf scheinen mir erträglich. Doch daraus wird nichts. Es ist fast zehn nach elf, als meine Ärztin einen anderen Patienten zu sich bittet. Ich muss weiter mit Maske im Wartezimmer sitzen. Habe ich Angst vor dem Virus? Nein, aber davor nicht genug Luft zu bekommen, davor habe ich Angst, davor das mir wieder schwindelig wird, mein Gleichgewicht außer Kontrolle gerät. Ich versuche ruhig zu atmen, während ich meine Hände, die langsam beginnen zu schwitzen, in meine Handtasche kralle. Ich versuche mich zu beruhigen und bin froh keine langen Fingernägel zu haben, die der Tasche sicher nicht gut bekommen würden. Endlich, nach einer Dreiviertelstunde darf ich mit der Ärztin sprechen.
Obwohl das Tragen der Maske mich langsam ungeduldig gemacht hat, versuche ich mein Anliegen so ruhig und sachlich vorzutragen, wie es möglich ist. Das gelingt mir soweit ganz gut, denke ich. Sogar meine Ärztin erkennt, es bedeutet Stress für mich eine Maske zu tragen. Also füge ich hinzu, was mir über die letzten Wochen aufgefallen ist. Längeres Tragen der Maske macht mich aggressiv. Nicht ganz unlogisch, wenn ich mich im permanenten Überlebensmodus befinde. Was auch immer der Körper in so einer Situation an Hormonen ausschüttet soll schließlich das Überleben sicherstellen. Vermutlich ist das auch der Grund wieso Maskenbefürworter häufig so gereizt reagieren, wenn sie auf jemanden treffen, der sich dem verweigert.
Neben einer Krankschreibung, beschränkt sich die Hilfsbereitschaft meiner Ärztin auf eine Überweisung zu einem Psychologen oder Psychiater. Sie sieht sich außer Stande mir ein Attest auszustellen, da eine medizinische Indikation wohl nicht gegeben sei. Kein Test, keine wirkliche Diskussion. Sie befragt sogar den Kollegen im Nachbarzimmer, mit demselben Resultat. Die Frau, von der ich annehme, sie sei eine Studierende, da sie mir nicht vorgestellt wurde, stimmt ihr zu. Der Konsens ist, die Stoffmaske könne solche Symptome nicht hervorrufen, es müsse psychosomatisch sein. Während sie mich mit ihrer Überzeugungsarbeit malträtiert, spricht sie mich versehentlich mit Herr Kade an. Auch wenn sie sich sofort korrigiert, ist das ein Versehen, dem wohl die meisten Transsexuellen täglich, manchmal mehrfach, ausgesetzt sind. Nein, niemand meint das böse und vermutlich war es tatsächlich ein Versehen, aber eines das nicht unbemerkt bleibt und obwohl es im Gegensatz zu früher kaum noch eine Reaktion provoziert, bleibt ein fader Beigeschmack.
Für einen Moment bin ich versucht die Krankschreibung anzunehmen, doch dann fällt mir die ohnehin schon zu dünne Personaldecke meiner Arbeitsstelle auf den Kopf und ich lehne dankend ab. Ich versuche es mit Logik und werde mit an den Haaren herbeigezogenen Vergleichen bombardiert, deren Hauptargument die Gesetzgebung ist. Davon abgesehen, dass es sich lediglich um eine Verordnung handelt, schockiert mich die dreiste Lüge, es könne durch das Tragen einer Stoffmaske nicht zu den beschriebenen Symptomen kommen. Was passiert eigentlich wenn morgen Cyanidkapseln an alle ausgegeben werden sollen, die um ein solches Attest bitten? Werden die Ärzte den hippokratischen Eid dann für obsolet erklären? Ich hoffe wir müssen die Antwort auf solche Fragen nie erfahren. Meine Frage wie eine Maske ein Virus aufhalten soll, das kleiner ist als ein Sauerstoff- oder CO2-Molekül, wenn das Virus doch deutlich kleiner ist als eben erwähntes Molekül, aber der Sauerstoff doch durchgeht, wird ignoriert. Stattdessen kommt die Moralkeule zum Einsatz. Was wenn ich zum Superspreader ohne Symptome werde? Offenbar hat die WHO das Video aus der letzten Woche noch rechtzeitig wieder verschwinden lassen, in dem gesagt wurde, es sei gar nicht erwiesen, ob asymptomatische Virenträger überhaupt infektiös seien, was ja durchaus Sinn ergibt, da die Virenlast in solchen Fällen meist gering ist. Und wieso ist meine eigene Gesundheit offenbar so überhaupt nichts wert?
Wie auch immer, eine Wahl bleibt mir offenbar nicht, gegen drei so qualifizierte Wissenschaftler. Also nehme ich die Überweisung. Vielleicht finde ich ja einen Psychologen, der tatsächlich ein Einsehen hat und mir hilft gegen die Ursache anzugehen, ohne die übliche medikamentöse Symptomdoktorei. Allein der Glaube daran fehlt mir. Auf dem Heimweg überlege ich, ob es sinnvoll ist, mir einen neuen Hausarzt zu suchen.
Noch immer aufgewühlt, mache ich mich schließlich auf den Weg zur Arbeit. Unterwegs lasse ich mich von meditativer Musik berieseln, um mich zu beruhigen und die nächsten Stunden einigermaßen gut zu überstehen. Doch schon kurz nach dem Betreten der Arbeitsstelle reicht ein unbedachtes „Ach du Sch….“ um mir einen Rüffel einzuhandeln. Das lief ja grandios. Kurz wünsche ich mir, ich hätte das Angebot der Ärztin für eine Krankschreibung angenommen, wenigstens bis ich einen Termin bei einem Psychologen bekomme. Am Ende geht aber auch dieser Tag vorüber, kein guter Tag, keiner der mich optimistisch für den nächsten stimmt, am ehesten einer zum abgewöhnen, an den man sich nicht erinnern möchte, dessen Widerhall sich wohl auch nicht so leicht in der Ferne zerstreut.
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