Odyssee in der Vodafone-Hotline

Odyssee in der Vodafone-Hotline

Lost in Service-Space

Vodafone gehört in Deutschland mit über 57 Mio. Kunden zu einem der größten Telekommunikationsanbieter. Dabei stand das Unternehmen in den letzten fünf Jahren schon häufiger in der Kritik. Stein des Anstoßes sind die z. T. fragwürdigen Geschäftspraktiken, die wenigstens in einem Fall auch vor Gericht endeten.

Ich selbst wurde überhaupt erst Vodafone-Kundin, als das Unternehmen verschiedene andere Anbieter aufkaufte. Dazu zählt u. a. der hessische Kabelanbieter Unitymedia. Dort war ich seit 2008 Kundin. Internet und Telefon über den Kabelanschluss zu beziehen, den ich sowieso schon verwende, erschien mir einfach eine elegante Lösung.

Und das ist es im Grunde auch. Nur sehr selten hatte ich bei Unitymedia Grund zur Beanstandung und zusätzlich konnte ich ein TV-Paket buchen, das einige Spartensender beinhaltete. Als ich noch Zeit zum Fernsehen hatte, war das sehr angenehm, weil dort auf die inzwischen überhandnehmende Werbung weitestgehend verzichtet wird.

Gelegentlich wurde der Preis für das Paket ein wenig angehoben und dafür bekam ich dann manchmal automatisch eine schnellere Internetverbindung. In der Regel konnte ich mit diesen Anpassungen ganz gut leben.

Dann kam Vodafone und kaufte Unitymedia.

Da ich in den letzten Jahren eher auf Streaminganbieter setze, wenn ich tatsächlich einmal „fernsehe“ und ansonsten viel im Internet unterwegs bin, beispielsweise zur Recherche, liegt hier natürlich auch meine Priorität.

Gefühlt, kann ich inzwischen sagen, dass der Service ab- und die Störanfälligkeit des Netzes zugenommen hat. Das ist natürlich eher subjektiv. Dennoch fällt mir dazu ein konkretes Beispiel ein. So wurde das Zusatzpaket fürs Fernsehen, das sich bei Vodafone nun Giga-TV Premium nennt einfach ersatzlos aus meinem Vertrag gestrichen. Der Gesamtpreis für mein Paket blieb jedoch unverändert.

Gerne würde ich die Gesichter von Arbeitgebern sehen, wenn ihre Angestellten ihnen mitteilen, dass sie in Zukunft ihre Arbeitszeit auf 75-85 % herunterfahren, aber die gleiche Bezahlung wie vorher erwarten. Dabei wäre das mit Blick auf die Inflation vielleicht sogar vertretbar.

Trotz allem hatte und habe ich immer wieder den Eindruck, Internet über Kabel läuft insgesamt am zuverlässigsten und ist am wenigsten störanfällig. In Zoom-Meetings habe ich – ebenfalls subjektiv betrachtet – deutlich weniger Probleme als andere, insbesondere in großen Runden und dabei habe ich meinem Anschluss nie selbst ein Upgrade verpasst. Die 32 Mbit Downstream empfand ich immer als völlig ausreichend. Der Upstream mit 2 Mbit hingegen ist aus meiner Sicht eine Farce.

Und dennoch konnte ich mich kaum für die Angebote begeistern, die mir zum Beispiel telefonisch unterbreitet wurden. Eine wohlklingende Offerte, wollte mir eine 200 oder 400 Mbit-Leitung anpreisen, bei der ich wie ein Geschäftskunde behandelt würde. Der Upstream stand wie üblich in keinem Verhältnis zu dieser Leistung.

Beim Durchlesen jedoch, hatte ich eher das Gefühl hier übervorteilt zu werden. Immerhin bin ich kein Geschäftskunde und als solcher ändert sich natürlich auch die rechtliche Situation. Verträge müssen mindestens doppelt so sorgfältig geprüft werden. Ein kleines Vertragsdetail machte mich außerdem stutzig.

Im Vertrag wurde eine 90prozentige Verfügbarkeit angepriesen. Das klingt erst einmal ordentlich, ist aber auch ein Freifahrtschein für Ausfälle und zwar von 36 Tagen im Jahr! Dabei ist höhere Gewalt, wie etwa bei Stromausfällen noch gar nicht berücksichtigt. Man stelle sich einen Unternehmer vor, dessen Kommunikation einen ganzen Monat zusammenbricht. Das ist ein Quasi-Lockdown und die letzten zwei Jahre sollten uns alle gelehrt haben, was das bedeutet.

Allerdings befinde ich mich aktuell auch in einer Art Kommunikations-Lockdown. Das ist auch der Grund, wieso ich überhaupt Zeit finde, diese Zeilen zu schreiben, denn sonst hätte ich noch das ein oder andere zu tun.

Da ich in Kürze einen Ortswechsel plane, hielt ich es für sicherer rechtzeitig damit zu beginnen, alle formellen Änderungen einzuleiten. Ganz besonders, wenn es um Aspekte geht, die verwaltungstechnischen Charakter haben. Denn die Bürokratie ist in Deutschland wohl eines der wenigen Dinge, auf die man sich verlassen kann und ihre Mühlen mahlen erfahrungsgemäß eher langsam.

Also rief ich rechtzeitig bei Vodafone an, um meinen Umzug bekannt zu geben, obwohl der Termin dafür noch einige Wochen auf sich warten lassen würde. Der Mitarbeiter am Telefon erbot sich auch gleich für ein Beratungsgespräch. In diesem Fall fand ich das in Ordnung, da ich ja mit der Uploadgeschwindigkeit meines Anschlusses ohnehin unzufrieden war.

Ich führte also ein „Beratungsgespräch“ oder das, was manch einer dafür hält. Denn obwohl die Kosten für schnellere Anschlüsse im Verhältnis recht gering sind, wurde mir ein solcher gar nicht erst angeboten. Tatsächlich wurde sehr viel Aufmerksamkeit auf das TV-Paket gelegt und die darin enthaltenen HD-Sender. Bemerkenswert ist das vor allem deshalb, weil ich explizit angegeben habe, kaum fern zu sehen und wenn überhaupt, dann doch am ehesten die Spartensender, die auf Werbung verzichten. Das Paket Giga TV Premium – in dem diese Sender (National Geographic, History oder SciFi) enthalten sind – wurde aber mit keiner Silbe erwähnt.

Das wichtigste für mich jedoch ist der Internetanschluss und in diesem Zusammenhang Up- und Download-Geschwindigkeiten. Der zweite wichtige Punkt ist natürlich der Realpreis und zwar nicht in den ersten drei oder sechs Monaten, sondern nach Ablauf der Lockangebote.

Schließlich einigte ich mich mit dem Mitarbeiter, der mir das Vertragsangebot zur Bestätigung zuschicken wollte. Als ich die Mail dann erhielt stellte ich fest, dass weder die Spezifikationen des Anschlusses noch der Preis mit den Aussagen am Telefon übereinstimmten. Angeboten wurde mir weniger Leistung für mehr Geld.

„Nun gut, dann rufe ich eben noch einmal dort an“, dachte ich. Und das tat ich dann schließlich auch. Dieses Mal entschied ich mich dafür gezielt nach Tarifen und Konditionen zu fragen, damit ich eine bessere Vergleichsmöglichkeit hatte. Es zeigte sich, dass die Aufpreise für deutlich höhere Leistungen sehr moderat ausfallen. Sicher, wenn jemand jeden Euro umdrehen muss, wie es inzwischen leider viel zu oft der Fall ist, dann wäre das vielleicht ein Problem. Ich aber fragte mich, wieso ich diese Informationen bei einem Beratungsgespräch konkret erfragen muss.

Jedenfalls entschied ich mich während des Gespräches für ein Rundum-Sorglos-Paket und wartete nun auf die Mail, um den neuen Vertrag zu bestätigen.

Die Mail blieb aus.

Also dann. Auf ein Neues. Ein dritter Anruf ergab schließlich, dass sich die Daten in einem Angebot nicht einfach ändern lassen. Stattdessen muss der Auftrag gelöscht und neu aufgesetzt werden, mit den aktualisierten Konditionen. Da mein Umzug noch immer einige Wochen in der Zukunft lag, wies ich gesondert auf das Datum hin, damit der Anschluss in meiner alten Wohnung noch lange genug verfügbar sein würde. Tatsächlich erhielt ich dieses Mal auch die Bestätigungsmail und die Angaben stimmten so weit mit dem vereinbarten überein, dass ich das Angebot annahm.

Groß war meine Überraschung zwei Tage später, als die Bekannte, die aktuell die Wohnung bewohnt, in die ich einziehen möchte, mir einen Brief von Vodafone vorbeibrachte. Zunächst war ich nur irritiert, später dann verärgert. Obwohl alle Daten den Anschluss betreffend stimmten, wurde mein Umzug nun „vorverlegt“.

Was jetzt kam, ist vermutlich leicht zu erahnen. Richtig, ein weiterer Anruf bei Vodafone. Noch war es nicht zu spät. So dachte ich wenigstens. Allerdings hatte ich die Rechnung ohne Vodafone gemacht. Alles worum es in dem – nun schon vierten – Telefongespräch ging, war das Datum. Ich wies also darauf hin, dass der Umzug erst später stattfindet und das ich in den nächsten drei Wochen auf das Internet angewiesen sein würde. Man versprach mir eine Korrektur und weil es das einzige war, was in diesem Gespräch thematisiert wurde, hoffte ich es würde funktionieren.

Am nächsten Tag erreichte mich dann die neue Hardware für den neuen Tarif, da diese offenbar schon vor dem letzten Telefonat versendet worden war. Etwas unglücklich über den Mehraufwand im Vorfeld des Umzuges, entschied ich mich dazu, die Hardware zu tauschen. Doch Vodafone wäre nicht Vodafone, wenn es nicht noch eine Überraschung im Gepäck hätte.

Obwohl die Hardware ordnungsgemäß zu funktionieren schien, hatte ich plötzlich weder Zugriff auf das Internet noch konnte ich telefonieren. Ein Versuch die Hardware „zurückzutauschen“, brachte leider auch keine Besserung. Nachdem ich zwei Stunden versucht hatte das Problem zu lösen, entschied ich, dass vermutlich nur ein fünfter Anruf beim Anbieter innerhalb von zwei Wochen das Problem beheben könnte.

Ja, ihr dürft mich jetzt naiv nennen.

Der fünfte Anruf ergab, dass nun endgültig die Abmeldung meines bisherigen Anschlusses vollzogen war und das diese nicht rückgängig zu machen sei. Ich gebe zu, in diesem Moment war ich einfach nur sauer und die Mitarbeiterin am Telefon hatte vielleicht auch nicht ihren besten Tag. Immerhin konnte sie sich zu dem Geständnis durchringen, dass jemand offenbar richtig großen Mist gebaut hatte.

Sie empfahl mir eine Beschwerde, um wenigstens eine Gutschrift für die zu erwartende Ausfallzeit von ca. 3 ½ Wochen zu erwirken.

Obwohl das aus meiner Sicht keine echte Kompensation für ein derartiges – zugegebenermaßen persönliches – Debakel war, wollte ich meinen Unmut wenigstens artikulieren.

Tatsache ist aber, dass auch eine Beschwerde bei Vodafone mit einigen Hürden verknüpft ist. Wer die Service-Hotline per Telefon kontaktiert (ja, ich weiß, dass das dumm war), der wird mit einem Sprachcomputer verbunden, der erst einmal das Begehren erfahren möchte. Wenn man das Wort Beschwerde verwendet, ergeht sich der Computer in einer scheinbaren Endlosschleife der Wiederholung.

Daraus schloss ich, dass ich wohl keinen Mitarbeiter ans Telefon bekommen würde, um mein Anliegen vorzutragen. Eine E-Mail-Adresse würde wahrscheinlich mit derart viel Post geflutet, dass sie entweder inexistent ist oder nur an „VIPs“ weitergegeben wird.

Um eine schriftliche Beschwerde über das Kontaktformular einzureichen, benötigt man das Internet und um das Anliegen verständlich zu machen, sicher mehr als ein Smartphone und noch dazu ein wenig Geduld. Das Prozedere ist tatsächlich komplizierter und wird so manchen wütenden Kunden erst recht in Rage versetzen. Ohne Anmeldung geht gar nichts. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob meine Beschwerde auch tatsächlich angekommen ist oder irgendwo im digitalen Nirvana endete.

Eine Bestätigungsmail habe ich jedenfalls nicht erhalten. Deshalb sitze ich hier und schreibe diesen Text. Ein anderer Artikel, den ich gerne schreiben würde erfordert eine recht intensive Internetrecherche für die ich nun vielleicht ein paar Stunden in einem Café verbringen werde, wenn es die Akkulaufzeit meines Notebooks zulässt.

Um vielleicht nicht ganz in die Bashing-Falle zu tappen, möchte ich unbedingt erwähnen, dass die Erreichbarkeit der Hotlines bei Vodafone sehr gut ist. Lange Warteschleifen erwarten dort niemanden. Die Freundlichkeit der Mitarbeiter lässt kaum etwas zu wünschen übrig und geht absolut in Ordnung, es sei denn man ist sehr leicht erregbar.

Allerdings muss Vodafone die Mitarbeiter deutlich besser schulen. Falls diese Service-Leistung ausgelagert wurde, empfehle ich dringend eine Prüfung, denn für den Preis, den man für den Anschluss zahlt, erwarte ich einfach mehr – vor allem mehr Kompetenz und mehr Aufmerksamkeit beim Zuhören.

Schließlich bleibt mir nur die Hoffnung, dass zumindest die Schaltung des Anschlusses in der neuen Wohnung reibungslos funktionieren wird, denn dass ich bei der Telefon-Hotline kompetente Hilfe erhalte, fällt mir leider etwas schwer zu glauben. Und bedauerlicherweise sind gewisse Aspekte des Internets durchaus hilfreich, wenn man umziehen möchte. Hier ergibt Digitalisierung auch tatsächlich einmal Sinn, wenn ich dadurch nach oder vor der Arbeit ein paar Amtswege online erledigen kann. Das fällt jetzt zwar nicht aus, ist aber mit der ein oder anderen Hürde verbunden.

Natürlich kann man die Situation auch von einer anderen Seite betrachten. Diese unfreiwillige Abstinenz geht mit einem gewissen Maß an digitalem Detox einher, dass in der heutigen Zeit gelegentlich – in regelmäßigen Abständen – anzuraten ist. So bleibt immerhin Zeit, um etwas zu schreiben oder mal wieder in relativer Ruhe ein Buch zu lesen.

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